Von jeher lernt jedes Kind von klein auf, daß es keinen fremden Männern folgen soll. Auch wir Erwachsenen würden niemals alles stehen und liegen lassen, wenn ein fremder Mann zu uns sagen würde: „Folge mir nach.“
Wie war das denn mit den Jüngern von Jesus? Kannten sie ihn bereits, als er sie aufforderte, ihnen zu folgen? Warum taten sie das? Warum ließen sie alles hinter sich und folgten ihm? Gibt es womöglich Menschen, die derartiges heute noch tun?
Um die gestellten Fragen zu beantworten, müssen wir uns in den Evangelien der Bibel umsehen. Das Markusevangelium ist das älteste der vier Evangelien. Viele Texte bei Matthäus und Lukas sind ähnlich wie bei Markus, schlichtweg weil diese beiden Autoren die Schriften des Markus bereits kannten und neben weiteren Quellen als Vorlage benützten.
In Markus 1, 14 – 15 lesen wir:
Jesus kam nach Galiläa und predigte das Evangelium vom Reiche Gottes und sprach: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe: Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“
Gleich in Vers 16 geht es folgendermaßen weiter:
Und als er am galiläischen Meer wandelte, sah er Simon und dessen Bruder Andreas; die warfen das Netz aus im Meer; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: „Folgt mir nach, so will ich euch zu Menschenfischern machen!“ Da verließen sie alsbald ihre Netze und folgten ihm nach. Und als er von da ein wenig weiter ging, sah er Jakobus, des Zebedäus Sohn, und seinen Bruder Johannes, welche auch im Schiffe die Netze bereitmachten. Und alsbald berief er sie; und sie ließen ihren Vater Zebedäus samt den Taglöhnern im Schiff und folgten ihm nach. (Markus 1, 16 – 20)
Die Schilderungen bei Matthäus und Lukas sind im Prinzip die gleichen, lediglich in manchen Details etwas ausführlicher.
Jesus war gelernter Zimmermann und war in Nazareth aufgewachsen. Als er etwa Anfang dreißig war, tauchte Johannes in der Wüste am Jordan auf. Er predigte dort, rief die Menschen zur Buße, also zur Umkehr von ihren Sünden, auf und taufte sie mit Wasser. Seine Predigt lautete so:
Und er predigte und sprach: „Es kommt einer nach mir, der stärker ist als ich, für den ich nicht gut genug bin, gebückt seinen Schuhriemen aufzulösen. Ich habe euch mit Wasser getauft; er aber wird euch mit heiligem Geiste taufen.“ (Markus 1, 7-8)
Auch Jesus kam eines Tages dorthin und ließ sich von Johannes taufen. Dabei passierte etwas ganz Erstaunliches:
Und es begab sich in jenen Tagen, daß Jesus von Nazareth in Galiläa kam und sich von Johannes im Jordan taufen ließ. Und alsbald, da er aus dem Wasser stieg, sah er die Himmel zerrissen und den Geist gleich einer Taube auf ihn herabsteigen. Und eine Stimme erscholl aus dem Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden!“ (Markus 1, 9-11)
Markus beschreibt nicht weiter, wie die umstehenden Menschen darauf reagierten. Waren sie verblüfft oder erstaunt? Wir erfahren nichteinmal, ob es dort bei der Taufe recht zuging. In den Evangelien von Matthäus und Lukas jeweils in Kapitel 3 lesen wir jedoch, daß die Menschen in Scharen zu Johannes an den Jordan kamen, ihre Sünden bereuten und sich taufen ließen.
Bestimmt haben also viele mitbekommen, was sich bei der Taufe von Jesus seltsames zutrug.
Kannst Du Dir ausmalen, wie die Menschen an jenem Abend tratschten? „Stell dir vor, was heute passiert ist, als ich bei diesem Johannes am Jordan war! Da war so einer, und als sich der taufen ließ.....“ - „Johannes hat ja schon angekündigt, daß da noch ein anderer kommen wird, ein Großer, ein Bedeutender, könnte das der Messias sein, von dem so viel in den alten Schriften steht?“
Direkt nach dieser Begebenheit ging Jesus in die Wüste, um in der Einsamkeit zu beten. Anschließen trat er erstmals öffentlich auf. Es war damals durchaus üblich, daß am Sabbat in der Synagoge auch Laien öffentlich sprechen durften, daß sie die heiligen Schriften vorlesen durften und dazu ihre Meinung sagen durften. Vermutlich hat Jesus in der Synagoge gesprochen, womöglich auch auf öffentlichen Plätzen.
Gar nicht lange Zeit danach kam er dann ans galliläische Meer, das ist der See Genezareth, und forderte Andreas und Simon und kurz darauf Jakobus und Johannes auf, ihm nachzufolgen. Die vier Männer taten es, ohne auch nur einen Moment zu zögern.
Was passierte in jenen Augenblicken? Was ging dabei in den Herzen dieser Männer vor? Schauten Sie Jesus kritisch an, dachten sie ungefähr so: 'Das ist doch dieser neue Wanderprediger, von dem die Leute erzählen, daß Seltsames vorgegangen war, als er sich kürzlich von Johannes taufen lies. Er soll auch wirklich gut predigen. Es könnte interessant werden, mal eine Weile mit ihm zu gehen und sich diese Predigten genau anzuhören. Er hat offensichtlich einiges zu sagen.'
Nein, ich denke, daß es so nicht war. Es war ganz anders.
Unter den Lesern diese Textes hier und jetzt gibt es vielleicht einige, die Christen sind. Sie werden mir das folgende bestätigen:
Wenn Jesus einen Menschen ruft, dann ist das etwas ganz Besonderes, Außergewöhnliches. Da läßt man alles stehen und liegen und sagt nur, „Ja Herr, ich komme.“ Später im weiteren Leben da mögen Hürden kommen und auch Zweifel. Aber zuerst einmal ist man überwältigt. Ich habe das bei mir selbst vor vielen Jahren ganz konkret erlebt. Ich bin dadurch ganz und gar kein sündloser Supermensch geworden. Ich habe lediglich erfahren und erlebt: Jesus liebt mich und möchte in meinem Herzen sein. Dazu sagte ich damals, „Ja.“
Wir Christen nennen das, Jesus durch den heiligen Geist erfahren und Jesus annehmen. Wie viel, viel stärker muß dieses Erlebnis bei jenen vier Männern gewesen sein, als sie Jesus konkret gegenüberstanden. Ja, vielleicht hatten sie irgendwann in den Tagen oder Wochen kurz zuvor bereits Gerüchte über diesen Jesus gehört. Aber dann in jenem Moment erlebten sie ihn persönlich. Da gab es kein Zurück mehr.
Es wird in den Evangelien von vielen weiteren Menschen berichtet, die Jesus begegneten, und die Jesus aufforderte, ihnen nachzufolgen. Sie taten es stets augenblicklich und voller Freude.
Bestimmt hatte Jesus eine enorme Persönlichkeit, eine Ausstrahlung, ein Charisma und vieles mehr, das die Menschen damals faszinierte. Aber Jesus ist schlichtweg der Sohn Gottes. Wer ihm, eben Gott, konkret begegnet, muß Farbe bekennen auch heute noch.
Viele Menschen waren damals neugierig und wollten nur deshalb Jesus sehen. Manche sprach Jesus selbst an, andere wandten sich an ihn. Eine Begegnung mit Jesus bedeutete für viele Menschen damals eine komplette Veränderung ihres bisherigen Lebens. Jesus heilte körperlich Kranke. Da sah jeder die Veränderung ganz offensichtlich. Jesus heilte aber auch innere Verletzungen, die andere nicht sahen.
Damals konnten die Menschen Jesus suchen und zu ihm gehen. Und heute? Auch heute noch können Menschen Jesus ganz konkret begegnen. Jesus kann zu Dir, ja genau zu Dir sprechen, während Du in der Bibel liest, oder während Du in einem Gottesdienst in einer Kirche bist, oder während Du mit einem Christen sprichst, oder während Du etwas über Jesus liest, oder während Du betest. Mach doch einfach mal Deine Ohren auf, horche und laß Dich überraschen.