Gefühle

Während einer Fußballweltmeisterschaft sieht man vielerorts nach einem Spiel die Anhänger der Siegermannschaft mit ihren Autos hupend und Fahnen schwenkend umherfahren fahren. Manche Menschen, die vielleicht im Alltag eher reserviert und still sind, jubeln laut und tanzen durch die Straßen. Beim Fußball und bei vielen anderen Sportveranstaltungen ebenfalls ist es nicht nur erlaubt sondern geradezu erwünscht, Gefühle offen zu zeigen.
Im alltäglichen Berufsleben dann gilt es, wieder die Contenance zu wahren. Oder können Sie sich vorstellen, im Büro bei einem Erfolg laut jubelnd aufzuspringen? Warum eigentlich nicht?
Wie ist das mit unseren Gefühlen? Wann und wo dürfen wir sie offen zeigen, wann und wo nicht?

Jeder Mensch fühlt in jedem Augenblick seines Lebens irgendetwas. Je nach Situation können diese Gefühle intensiver oder schwächer sein.

Je nach Veranlagung, Erziehung aber auch konkreter Situation im Leben zeigen wir diese Gefühle offen, oder aber wir behalten sie für uns. Gefühle sind in gewisser Weise etwas sehr persönliches. In wie weit ist es ratsam, anderen Menschen an unseren Gefühlen Anteil zu gewähren?

In den Tagen, bevor Jesus hingerichtet wurde, führte er viele sehr persönliche Gespräche mit dem engsten Kreis seiner Jünger. Unter anderem sagte er dabei folgendes:

"So habt auch ihr nun Traurigkeit; ich werde euch aber wiedersehen, und dann wird euer Herz sich freuen, und niemand wird eure Freude von euch nehmen." (Johannes 16,22)

Bestimmt haben die Jünger je nach ganz persönlichem Temperament jedes Einzelnen unterschiedlich darauf reagiert. So wissen wir etwa aus diversen Begebenheiten, die uns in den Evangelien berichtet werden, daß Petrus ein sehr impulsiver Mann gewesen sein muß. Andere Jünger wiederum waren eher still und sagten kaum je etwas.

Jesus akzeptierte jeden einzelnen von ihnen in seiner ganz individuellen Art. Ebenso liebt auch heute Jesus jeden Einzelnen von uns. Alles, was er möchte, ist, daß wir diese, seine Liebe, erwidern.

Je persönlicher unser Kontakt zu einem anderen Menschen ist, desto offener werden wir dieser Person gegenüber unsere Gefühle zeigen. Gott gegenüber brauchen wir niemals Haltung zu bewahren. Ihm gegenüber dürfen wir immer und jederzeit unseren Gefühlen freien Lauf lassen.

Ebenso ist es auch, wenn wir in der Kirche oder in einem Gottesdienst sind. Auch hier brauchen wir unsere Gefühle nicht zu verstecken. Natürlich gehen wir respektvoll miteinander um. Aber wenn jemand etwa das Bedürfnis hat, plötzlich laut "Hallelujah" zu rufen, so mag vielleicht der eine oder andere etwas irritiert hinsehen, aber es ist durchaus in Ordnung. Wir dürfen es tun.

Das Wichtigste ist dabei, daß wir ehrlich sind. Gott kennt uns sowieso, also macht es auch überhaupt keinen Sinn, eine fromme oder sonstige Maske aufzusetzen. Keiner muß etwas mitsingen, wenn ihm nicht danach ist.

Das ist einer der vielen schönen Punkte in einer Gemeinde. Gott nimmt uns genau so an, wie wir eben sind. Und die Mitglieder einer Gemeinde sollten sich darin üben, es ebenso zu tun. Bestimmt fällt uns das bei dem einen Menschen schwerer, und bei dem anderen leichter. Aber es lohnt sich, das Annehmen des anderen Menschen zu üben. Schließlich liebt Gott den Anderen ebenso, wie er mich liebt.

Ein Mensch, der stets und überall seine Gefühle nur für sich behält und in sich hineinfrißt, kann leicht Gefahr laufen, psychisch sehr krank zu werden. Es ist auch furchtbar anstrengend, andauernd eine Maske mit sich herumzuschleppen.

Im Berufsleben, in der Schule oder bei manch gesellschaftlichen Anlässen ist es schon bisweilen angebracht, eher reserviert zu sein. Zum Teil fordert das auch der Respekt, den wir unseren Mitmenschen zollen. Dennoch kann man ehrlich sein. Man sollte nicht heucheln. Ein ehrlicher, offener Mensch wird von den anderen zumeist positiv angenommen und erntet eher Wohlwollen als Ablehnung. Gott haßt Lügen, auch sogenannten Notlügen aus Höflichkeit, oder wie auch immer die Ausrede lauten mag. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Begegnen Sie anderen Menschen stets offen, freundlich und höflich.

Und wo es, wie eben bei Sportveranstaltungen, angebracht und erwünscht ist, da lassen Sie Ihren Gefühlen freien Lauf. Vertrauen Sie dabei auf Gott, und sie werden erleben, wie sehr Ihre Lebensqualität steigt. Gott liebt Sie. Das alleine schon ist ein Grund zur Freude.

Aber laß sich freuen alle, die auf dich vertrauen, ewiglich laß sie jubeln und beschirme sie; und fröhlich sollen sein in dir, die deinen Namen lieben! (Psalm 5,12)